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Kooperationslehrgang „Mountainbike fahren in der Schule – sicher und attraktiv gestalten“
Vor dem Hintergrund der aktuellen Umwelt-, Gesundheits- und Verkehrsthematik wird es immer wichtiger, die Schülerinnen und Schüler frühzeitig und nachhaltig aufs Rad zu bringen bzw. auch an den Schulen verstärkt aufs Rad zu setzen. Aber auch aus motivationaler Sicht übt das Fahrradfahren von jeher eine besondere Faszination aus. Die Freude am Fahren stellt sich sowohl beim Gebrauch des Geräts als äußerst ökologisches Fortbewegungsmittel im Alltag als auch beim Einsatz als attraktives Freizeitsportgerät ein. Für Kinder und Jugendliche ist die Verfügbarkeit eines Fahrrads ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der eigenen Mobilität. Diese führt zur erheblichen Vergrößerung des individuellen Aktionsradius in der unmittelbaren Umgebung und zur eigenständigen Bewältigung des Schulwegs mit dem Rad. Auch im Nationalen Radverkehrsplan 3.0 des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr wird eine umfassende Mobilitätsbildung in und durch Schule als Grundlage für eine Fahrradkultur in Deutschland erwähnt. Gemäß LehrplanPLUS kann das Radfahren mit dem Mountainbike in den dort definierten sportlichen Handlungsfeldern vernetzt im Basisportunterricht (BSU), mehr aber noch im Differenzierten Sportunterricht angeboten werden. Voraussetzung ist stets, dass die unterrichtenden Lehrkräfte über eine entsprechende Qualifikation verfügen.
Vor diesem Hintergrund und vor der Tatsache, dass Mountainbiken/Radsport im Sport-nach-1-Modell mit 115 SAGs und 42 Stützpunkten sowie bei den Schulsportwettbewerben mit 1.600 Aktiven von 113 Schulen immer beliebter wird, bietet die staatliche Lehrerfortbildung mit der Kommunalen Unfallversicherung Bayern (KUVB) seit über zehn Jahren den Kooperationslehrgang „Mountainbike fahren in der Schule – sicher und attraktiv gestalten“ an. Im Rahmen dieses viertägigen Lehrgangs sollen die notwendigen Voraussetzungen und Grundlagen zu diesem Themenfeld vermittelt und die teilnehmenden Lehrkräfte in Theorie und Praxis fit für ihre Beratungsaufgaben um das Mountainbiken in der Schule gemacht werden. Der Bereich „Sicherheit und Prävention“ wurde dabei von Heiko Häußel (KUVB) verantwortet sowie die „attraktive Umsetzung in der Schule“ von Michael Kreil vorbereitet und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Referententeam Radsport in der Praxis vorgestellt. Als Co-Leitung vor Ort waren Achim Buchwald, Referatsleiter Lehrerfortbildung, und Abteilungsleiter Martin Zangerl von der Landesstelle für den Schulsport.
Mountainbike fahren stellt in diesem Kontext besondere koordinative und konditionelle Anforderungen im Umgang mit dem Fahrrad dar, die in jedem Fall vorher in einem „Schonraum“ erlernt und geübt werden müssen. Unter dem Begriff „Schonraum“ wird hier ein Bereich mit einem möglichst „sturzfreundlichen“ Untergrund (z. B. Gras) verstanden. Dabei handelt es sich beispielsweise um einen bestens geeigneten Schulsportplatz, eine Tartanbahn oder eine, dem Schulgelände nahe gelegene Grünfläche, auf der Fahrlinien markiert und Hindernisse aufgebaut werden können. Auf jeden Fall ist er einfach mit dem Rad zu erreichen (idealerweise auf dem Schulgelände) und für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Die Lehrenden stellen in einem solchen Schonraum zunächst vielfältige sportartspezifische Lernsituationen für die Lernenden bereit, verschaffen sich ein detailliertes Bild vom Entwicklungsstand der motorischen und sozialen Kompetenzen ihrer Gruppe und gewinnen hierdurch richtungsweisende Erkenntnisse und Entscheidungshilfen. Grundvoraussetzung für Aktivitäten außerhalb des Schonraumes ist, dass die Schülerinnen und Schüler in einem strukturierten Lernprozess auf die absehbaren und anstehenden Herausforderungen vorbereitet wurden. Nur wenn dies gewährleistet ist, kann eine Ausfahrt, eine Tour oder die Teilnahme an einem Schulsportwettbewerb geplant und durchgeführt werden.
Die sportpädagogische Gefährdungsbeurteilung als Handlungshilfe
Die Nutzung des Mountainbikes im Sportunterricht oder bei außerunterrichtlichen sportlichen Aktivitäten stellt für Schülerinnen und Schüler ein attraktives Bewegungsangebot mit einer Vielzahl von positiven Begleiterscheinungen und gesundheitsfördernden Aspekten dar. Die Sportlehrkraft sieht sich hierbei aber auch mit einem erhöhten Unfallrisiko konfrontiert. Dies erfordert neben einer fachkundigen, methodisch didaktischen Aufbereitung der Lernsituationen auch ein professionelles Sicherheits- und Risikomanagement, das sich durch eine gewissenhafte individuelle Planung und Gestaltung der unterschiedlichen Spiel- und Lernräume auszeichnet. Diese sportlichen Handlungsräume sicher zu gestalten, ist die Kernaufgabe der schulischen Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger.
Die Nutzung des Mountainbikes in der Schule erfordert in diesem Kontext sowohl in der Vorbereitung und Organisation als auch in der Umsetzung, geeignete Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention. Damit gemeint sind alle technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen, die von den Verantwortlichen bezüglich der schulischen Gesamtorganisation (Schulleitung) sowie der unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Einzelsituation (Sportlehrkraft) im Vorfeld zu bedenken und in der Praxissituation umzusetzen sind. Um der Gesamtverantwortung der Schule gerecht zu werden, bietet sich als Planungsinstrument die sportpädagogische Gefährdungsbeurteilung an, die sich aus den allgemeinen Dienst- und Sorgfaltspflichten der verantwortlichen Schulleitungen bzw. Lehrkräfte, insbesondere hinsichtlich der Qualitätsmerkmale einer „guten“ Aufsichtsführung (präventiv - kontinuierlich - aktiv) ergibt. Welche theoretischen Vorüberlegungen dafür bei der Planung und Organisation von Ausfahrten durch die Lehrkräfte zu erbringen sind, wurde an Fallbeispielen zum „Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei sportlichen Aktivitäten mit dem Fahrrad in der Schule“ thematisiert. Erstellt hat diese Birgit Klawitter vom Beruflichen Schulzentrum Immenstadt in ihrer Zeit an der Landesstelle für den Schulsport (Fachberatung). Dabei wurden auch die Kriterien für die Gefährdungsbeurteilung vorgestellt und anhand ausgewählter Beispiele aus der Schulpraxis ausführlich besprochen.
Schulspezifisches Lernfeld zum Radfahren
In der Grundschule geht es darum, das Fahrrad als alltägliches Fortbewegungsmittel in der Verkehrserziehung erlebbar zu machen. Die Schulung der Grundtechniken (Aufsteigen, Anhalten etc.) ermöglichen die sichere Teilnahme am Straßenverkehr. Zudem werden hier die motorischen Grundlagen für den Erwerb weiterführender sportlicher Techniken, die beispielsweise für das Mountainbiken nötig sind, geschaffen.
Mit dem Eintritt in den weiterführenden Schulbereich kann dann im Mountainbike-Unterricht die Entwicklung und Verbesserung der individuellen Fahrtechnik als motorisches Lernziel in den Mittelpunkt gestellt werden (enge Kurven fahren, Sprungtechniken, Vorderrad heben etc.).
Zielsetzung hierbei ist: Die beim „Radfahren im Alltag“ erworbenen, grundlegenden motorischen Kompetenzen zur Kontrolle von Gleichgewicht, Tempo und Richtung durch vielfältige Aufgabenstellungen mit häufigen Veränderungen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Erst das systematische Provozieren und Ausloten von Bewegungsspielräumen in Bezug auf Zeit, Raum und Dynamik ermöglichen den Lernenden die variable Anwendung der Techniken im Gelände. Nur wenn ein solides Fahrtechnikniveau entwickelt wurde, kann später eine Ausfahrt mit fahrtechnischen Herausforderungen wie natürlichen Hindernissen und Kurven verantwortet werden. Vor diesem Hintergrund erhielten die teilnehmenden Lehrkräfte in der ersten praktischen Lehrgangseinheit die Aufgabe, zur Schulung der Alltagskompetenzen beim Radfahren wie „Gleichgewicht halten“, „Anhalten/Anfahren“, „Bordsteinkante bewältigen“ und „korrektes Abbiegen mit Schulterblick und Handzeichen“ eigene „sportliche“ Übungen zu entwickeln und im Schonraum in Kleingruppen auszuprobieren.
Neben der Eigenrealisation bei Ausfahrten in unterschiedlichen Niveaugruppen stand beim Mountainbike-Lehrgang auch die Vorbereitung und die praktische Umsetzung einer Tagesausfahrt mit Schülerinnen und Schülern auf dem Programm, die mit den Teilnehmenden in Kleingruppen simuliert und umgesetzt wurde. Ins Zentrum des Lerngeschehens beim Fahren in der Gruppe müssen u.a. auch soziale Kernkompetenzen wie Rücksichtnahme, unbedingtes Einhalten von Regeln beim Fahren in der Einer- bzw. Doppelreihe, sicherheitsbewusstes Handeln und Teamfähigkeit gerückt werden; geeignete Aufgabenstellungen dazu wurden vorgestellt.
Als Indoor-Variante für die Turnhalle wurde Mountainbike-Biathlon vorgestellt, so dass die Lehrkräfte neben einem umfassenden Grundwissen in Theorie und Praxis auch vielfältige, in der Schule erprobte Umsetzungsideen mitnehmen konnten. „Mit diesem Lehrgang wollen wir radsportaffine Lehrkräfte befähigen und ermutigen, ihren Schülerinnen und Schülern Erlebnis- und Bewegungsräume in der Natur mit dem Mountainbike sicher und attraktiv zu eröffnen, um u.a. dadurch mehr Schülerinnen und Schüler nachhaltig fürs Radfahren zu begeistern.“ , erklärte Heiko Häußel von der Kommunalen Unfallversicherung Bayern/ Bayerischen Landesunfallkasse (KUVB/ Bayer.LUK) die übergeordnete Zielsetzung des Kooperationslehrgangs mit der Laspo.
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Kontakt
Achim Buchwald
Referatsleitung Lehrerfortbildung
Referat 5.3 Lehrerfortbildung für den
Sportunterricht Bayerisches Landesamt für Schule
Stuttgarter Str. 1
91710 Gunzenhausen
Telefon: 09831 5166 533
E-Mail: lehrerfortbildung@las.bayern.de
Online-Broschüre Mountainbike fahren in der Schule – sicher und attraktiv gestalten
Die Broschüre wurde von der Kommunalen Unfallversicherung Bayern/Bayerische Landesunfallkasse (KUVB/Bayer. LUK) und der Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW) initiiert und in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) – Außenstelle Ludwigsburg sowie dem Deutschen Alpenverein (DAV) erstellt. Die Handreichung möchte den Schulen aufzeigen, wie das Fahrradfahren in der Schule im Allgemeinen und das sportliche Mountainbiken im Besonderen unter dem Aspekt präventiv ausgerichteter Vorbereitung und Planung sicher und attraktiv praktiziert werden kann. Zur Online-Broschüre im pdf-Format:
„Mountainbiken“ in der Schule wird definiert als…
…„das Radfahren abseits des Straßenverkehrs auf mitunter „schwierigen Wegen“, mit dem auch dort noch „fortgefahren“ werden kann, wo der Asphalt zwar endet, aber verantwortungsvolle ökologische Überlegungen auf der Basis geltender länderspezifischer Regelungen (z. B. Landeswaldgesetze) und unter Berücksichtigung des motorischen Könnens der Gruppe die Entscheidung für ein Weiterfahren zulassen.“ (KUVB, 2020, S.6)
Das Mountainbike als Sportgerät: Grundsätze für den Fahrradcheck
Fahrräder, die bei schulischen Veranstaltungen zum Mountainbiken als Sportgeräte eingesetzt werden, müssen zum einen spezielle Kriterien erfüllen und zum anderen vor jedem Gebrauch auf Funktionalität geprüft werden. Hierbei ist zwischen einem Ersteinsatz und einer regelmäßigen Verwendung sowie zwischen Funktions- und Sicherheitseinheiten zu unterscheiden ist. Es empfiehlt sich, die Prüfung anhand einer Checkliste vorzunehmen. Diese sowie viele weitere wertvolle Tipps sind in der Onlinebroschüre des KUVB zu finden (KUVB, 2020, S.50/51).
Best Practice Beispiel:
Wahlfach Mountainbiken und SAG Radsport an der Mittelschule Herrieden Anklicken und Film ansehen!
Themensammlung Radfahren in der Schule:
Weitere Umsetzungsbeispiele, weiterführende Links und
Veranstaltungstipps gibt es in der umfangreichen Themensammlung rund ums
„Radfahren in der Schule“, die vom Referenten und Schulsportbeauftragten
für Radsport, Michael Kreil, erstellt wurde.